Änderung des Arbeitszeitgesetzes


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Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlichte kürzlich einen Referentenentwurf über die Änderung des Arbeitszeitgesetzes. Er beinhaltet die zentrale Änderung, dass Arbeitgeber zukünftig verpflichtet sind, die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer vollständig und lückenlos elektronisch zu erfassen.

Warum will der Gesetzgeber tätig werden?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied im Jahr 2019 in seinem vielbeachteten sog. Stechuhr-Urteil, dass die Mitgliedstaaten der EU ihre Arbeitgeber gesetzlich zur Einführung eines objektiven und verlässlichen Arbeitszeiterfassungssystems verpflichten müssen. Zudem sei Arbeitgebern die Pflicht aufzuerlegen, die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer vollumfänglich und lückenlos zu erfassen.

Eine solche umfassende Arbeitszeiterfassungspflicht sieht das Arbeitszeitgesetz jedoch bislang nicht vor. Abgesehen von bereichsspezifischen Ausnahmen sind Arbeitgeber nach dem Arbeitszeitgesetz derzeit lediglich verpflichtet, die werktäglich über acht Stunden hinausgehende Arbeitszeit zu erfassen. Nach damaliger einhelliger Auffassung war es daher zunächst Sache des Gesetzgebers, auf die EuGH-Rechtsprechung zu reagieren und das Arbeitszeitgesetz entsprechend anzupassen. Der Gesetzgeber blieb aber untätig. Die Arbeitgeber konnten sich daher vermeintlich zurücklehnen.

Ende letzten Jahres zog das Bundesarbeitsgericht (BAG) die „Reißleine“ und entschied zur Überraschung vieler, dass gesetzlich bereits eine vollumfängliche Arbeitszeiterfassungspflicht bestünde. Diese folge zwar (noch) nicht aus dem Arbeitszeit-, aber aus dem Arbeitsschutzgesetz. Die Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes sei im Lichte der Arbeitszeitrichtlinie und der EuGH-Rechtsprechung „unionsrechtskonform“ auszulegen und verpflichte Arbeitgeber bereits jetzt zur umfassenden Arbeitszeiterfassung. Abgesehen von dogmatischen Kritikpunkten blieben nach der Entscheidung viele Fragen offen. Zu nennen sind hier beispielsweise die Fragen, ob dies das Ende der Vertrauensarbeitszeit sei und ob zukünftig auch die Arbeitszeiten leitender Angestellter zu erfassen seien (für die zwar nicht das Arbeitszeit-, aber das Arbeitsschutzgesetz gilt).

Was sieht der Referentenentwurf vor?

Die Entscheidung des BAG nahm das BMAS zum Anlass, zügig einen Referentenentwurf über die Änderung des Arbeitszeitgesetzes und anderer Vorschriften vorzulegen. Der derzeitige Entwurf sieht dabei unter anderem folgende Anpassungen vor.

  1. Arbeitgeber sind verpflichtet, nicht nur die „Überstunden“, sondern Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer elektronisch zu erfassen. Die Dokumentierung muss am selben Arbeitstag erfolgen. Die Arbeitszeitnachweise sind zwei Jahre aufzubewahren.
  1. Die Aufzeichnung kann durch den Arbeitgeber selbst oder auch durch einen Dritten erfolgen, wobei Arbeitgeber für die ordnungsgemäße Aufzeichnung verantwortlich bleiben. Eine Delegation der Arbeitszeiterfassung auf die Arbeitnehmer soll möglich sein, wobei durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen ist (z.B. stichprobenartige Überprüfungen), dass Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz festgestellt werden können. Eine „Vertrauensarbeitszeit light“ wäre damit zukünftig weiter möglich.
  1. Im Arbeitszeitgesetz soll eine weitere Tariföffnungsklausel verankert werden, die abweichende tarifvertragliche Regelungen zum Modus (Aufzeichnung in nicht-elektronischer Form) und Zeitpunkt der Arbeitszeiterfassung (keine taggleiche Erfassungspflicht) ermöglichen soll. Zudem kann die Arbeitszeiterfassung für solche Arbeitnehmer ausgeschlossen werden, „bei denen die gesamte Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt werden kann“. Das Gleiche soll gelten, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitszeit selbst festlegen kann. Die Tarifvertragsparteien können im Rahmen des Tarifvertrags den Betriebsparteien auch nur die Möglichkeit eröffnen, im Rahmen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung abweichende Änderungen zu vereinbaren.
  1. Der Referentenentwurf sieht eine Übergangsregelung vor, wonach je nach Größe der Belegschaft für einen gewissen noch nicht festgelegten Zeitraum eine nicht-handschriftliche Arbeitszeiterfassung zulässig bleiben soll. Bei Arbeitgebern mit bis zu zehn Arbeitnehmern sowie ausländischen Arbeitgebern ohne inländische Betriebsstätte und mit bis zu zehn nach Deutschland entsendeten Arbeitnehmern sollen handschriftliche Arbeitszeiterfassungen dauerhaft möglich bleiben.
  1. Verstöße gegen die Aufzeichnungspflicht sollen zukünftig mit Bußgeldern von bis zu EUR 30.000,00 geahndet werden können.

Fazit

Es handelt sich derzeit lediglich um einen Referentenentwurf aus dem BMAS. Dieser gelangt damit zunächst in die Regierungsabstimmung, bevor ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wird. Da nach dem zutreffenden „Struckschen Gesetz“ kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es hineinkommt, bleiben die weiteren Konsultationen und Abstimmungen der Regierungsparteien, des Bundestages und des Bundesrates noch abzuwarten. Arbeitgeber sind trotzdem gut beraten, die weiteren Entwicklungen im Auge zu behalten und sich frühzeitig über passende Gestaltungen zur Arbeitszeiterfassung Gedanken zu machen.

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Cord Vernunft

Rechtsanwalt

Lucas Mühlenhoff, LL.M.

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht