Aktuelles BMF-Schreiben zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag


| Tags: Steuern


BMF Schreiben vom 18. März 2021 zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag (§ 8d KStG)

Lange erwartet, nun ist es da: das BMF-Schreiben vom 18. März 2021, mit dem sich die Finanzverwaltung nun erstmalig zum bereits 2016 eingeführten § 8d KStG äußert. So gerne viele den fortführungsgebundenen Verlustvortrag nutzen möchten, so unklar blieben bislang Auslegungs- und Anwendungsfragen. Entsprechend groß war im Umgang mit der Norm die Unsicherheit, die das BMF jetzt zu beseitigen versucht. Wir werfen einen genaueren Blick auf Möglichkeiten und Fallstricke.

Wann lohnt sich der Antrag nach § 8d KStG?

Dass der nach § 8c KStG drohende Untergang von Verlustvorträgen durch Anwendung der Stille-Reserven-Klausen verhindert werden kann, ist nichts Neues. Soweit die Verlustvorträge aber die stillen Reserven übersteigen, drohte bislang deren Untergang. Auch § 8d KStG ändert hieran nichts, da dieser nach dem gesetzgeberischen Konzept nicht ergänzend angewandt werden kann.

Es lohnt aber ein genauer Blick, ob dann nicht der Antrag nach § 8d KStG statt der Anwendung der Stille-Reserven-Klausel die bessere Alternative ist. Zwar kann in diesem Falle der vollständige Verlustvortrag als fortführungsgebundener Verlustvortrag nach § 8d KStG festgestellt werden und steht zur Verrechnung mit künftigen Gewinnen zur Verfügung. Tritt jedoch ein schädliches Ereignis i.S.d. § 8d Abs. 2 KStG ein, geht der fortführungsgebundene Verlustvortrag nach§ 8d KStG grundsätzlich unter.

Welche Gefahr droht dem fortführungsgebundenen Verlustvortrag bei Gesellschafterwechsel?

Nach BMF kann der § 8d KStG Antrag bei jedem schädlichen Beteiligungserwerb (mittelbare oder unmittelbare Übertragung von mehr als 50% der Anteile an einer Körperschaft) Anwendung finden. Ist der fortführungsgebundene Verlustvortrag bereits festgesetzt und tritt dann ein schädlicher Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG ein, kann wiederum der Antrag nach § 8d KStG gestellt und der Verlustvortrag gerettet werden - wenn dessen Voraussetzungen vorliegen.

Wie schädlich sind Umstrukturierungen für den fortführungsgebundenen Verlustvortrag?

Das BMF sieht § 8d KStG insofern nicht als Verlustvortrag eigener Kategorie, sondern setzt ihn mit den bekannten Verlustvorträgen nach § 10d EStG gleich.

Bei Umwandlungen hat dies nach BMF die folgenden Konsequenzen:

Ist die Körperschaft mit "§ 8d-Verlustvorträgen" bei einer Verschmelzung der übertragende Rechtsträger, gehen nach Auffassung des BMF sämtliche Verlustvorträge unter. Teile der Literatur sehen dies anders. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung zukünftig positioniert. Der Steuerpflichtige sollte Bescheide möglichst offen halten.

Ist die Körperschaft übernehmende Rechtsträgerin und erfolgt die Übernahme zum Buch- oder Zwischenwert, geht der fortführungsgebundene Verlustvortrag unter. Anders beim Ansatz zu gemeinen Werten, wenn kein selbständiger Geschäftsbetrieb begründet wird.

Wann wird ausschließlich derselbe Geschäftsbetrieb unterhalten?

Das BMF hat ausführlich Kriterien dargelegt, wie das regelmäßig umstrittene Tatbestandsmerkmal der Unterhaltung des ausschließlich selben Geschäftsbetriebs zu verstehen ist.

Entscheidend ist danach der Kern der Betätigung: Zu bestimmen ist der Geschäftsbetrieb in erster Linie anhand der entwickelten oder angebotenen Produkte und Dienstleistungen sowie des bedienten Kundenkreises. Ändert sich einer dieser Punkte, so führt das aber nicht automatisch zu einem schädlichen Wechsel des Geschäftsbetriebs.

Werden mehrere Geschäftsbetriebe unterhalten, von denen keiner lediglich geringes wirtschaftliches Gewicht hat, ist ein Antrag nach § 8d KStG nicht möglich. Anders jedoch, wenn ein gegenseitiger Förder- und Sachzusammenhang bejaht werden kann, durch den sich Synergieeffekte ergeben (Bsp.: eine Autohaus-GmbH eröffnet zusätzlich zur Verkaufstätigkeit eine Kfz-Werkstatt).

Fallstrick Betriebsstätte

Vorsicht ist auch dann geboten, wenn ausländische Betriebsstätten begründet werden, denn deren Aufnahme eines (zusätzlichen) Geschäftsbetriebs soll nach BMF im Hinblick auf § 8d KStG bereits schädlich sein. Als „Rettungsanker" dient danach auch kein Doppelbesteuerungsabkommen: Selbst wenn die Betriebsstätteneinkünfte von der Besteuerung im Inland freigestellt werden, wäre ein Antrag nach§ 8d KStG nicht möglich, da es nach dem BMF auf die tatsächliche Möglichkeit der Verlustverrechnung von § 8d KStG-Verlusten mit ausländischen Betriebsstättengewinnen nicht ankomme. Folge dieses Verständnisses: Jede Betriebsstättenbegründung mit zusätzlichem Geschäftsbetrieb wäre für § 8d KStG schädlich.

§ 8d KStG-Verlust besteht - Freifahrtschein in der Zukunft?

Besonders zu beachten ist auch der Katalog der schädigenden Ereignisse nach § 8d Abs. 2 KStG. Bei deren Eintritt scheidet nicht nur der Antrag auf erstmalige Festsetzung des fortführungsgebundenen Verlustvortrag nach § 8d KStG aus, sondern es geht auch ein bereits bestehender und festgesetzter fortführungsgebundener Verlustvortrag - vorbehaltlich der Berücksichtigung etwaiger stiller Reserven - unter.

Kurz gesagt: der Katalog der schädigenden Ereignisse ist auch dann im Blick zu behalten, wenn der fortführungsgebundene Verlustvortrag schon besteht. Andernfalls droht dessen Untergang.

Was droht, wenn der Geschäftsbetrieb unter Corona leidet?

Auch zum aktuellen Thema der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft hat das BMF sich geäußert. Die Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs ist grundsätzlich ein schädigendes Ereignis und liegt nach Auffassung des BMF bereits dann vor, wenn sich der Umsatz um mehr als 90 % reduziert.

Ausnahmen hiervon werden jedoch aufgrund der Corona-Pandemie vom BMF akzeptiert: vorübergehende Schließungen aufgrund Erkrankung oder wegen behördlicher Anordnung sollen danach keine schädliche Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs begründen.

Auch wenn sich das BMF zu dieser Frage nicht geäußert hat, ist davon auszugehen, dass dies auch für die Fälle gilt, in denen zwar keine vorübergehende Schließung vorliegt, pandemiebedingt aber ein Umsatzrückgang von mehr als 90 % zu verzeichnen ist.

 

Die Regelungen des BMF geben Klarheit in einigen Bereichen. In anderen Bereichen könnten abweichende Auffassungen von Steuerpflichtigen Aussicht auf Erfolg haben. Aufgrund der Gesetzeskonkurrenz der Normen des § 8c und § 8d KStG sollte vor Anträgen die Vorteilhaftigkeit sorgfältig geprüft werden.

 

Ihre Ansprechpartner bei Rückfragen

Daniel Fischer, Köln

Rechtsanwalt / Steuerberater

Dr. Oliver Trautmann, Frankfurt am Main

Steuerberater/ Wirtschaftsprüfer

Alessio Rossi, Köln

Rechtsanwalt / Steuerberater

 

Dr. Malte Strüber, Berlin

Rechtsanwalt /Steuerberater

Lars Freigang, Leipzig

Steuerberater

Christian Weimann, LL.M., Hamburg

Rechtsanwalt / Steuerberater