Wann sind Utility Token Wertpapiere?
Ob Kryptowährungen vom deutschen Aufsichtsrecht erfasst sind, ist Gegenstand einer vielgestaltigen Diskussion in der Rechtswissenschaft. Besonders interessant ist dabei die Frage, ob es sich bei einzelnen sog. Utility Token um Finanzinstrumente handelt. In Frage kommt zuallererst die Einordnung von Utility Token als Wertpapiere. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass grundsätzlich auch die Einordnung von Kryptotoken als Investmentvermögen und Vermögensanlagen in Betracht kommt.
Die Verbriefung eines Rechts in einer Urkunde ist keine notwendige Voraussetzung für die Einordnung eines Produkts als Wertpapier. Es ist vielmehr ausreichend, dass der Eigentümer oder Inhaber des Produktes erkennbar ist. Im Falle von Kryptotoken ist dies anhand der Blockchain ohne weiteres möglich.
Die Voraussetzungen für die Einordnung eines Token als Wertpapier sind dann (i) dessen Übertragbarkeit, (ii) seine Handelbarkeit am Finanzmarkt bzw. Kapitalmarkt, (iii) das Nichtvorliegen eines Zahlungsinstruments und (iv) die Verkörperung von Rechten im Token, nämlich von Gesellschafterrechten oder schuldrechtlichen Ansprüchen oder mit diesen vergleichbaren Rechten.
Die Übertragbarkeit eines jeden Token liegt unzweifelhaft vor. Auch die Handelbarkeit auf Finanz- oder Kapitalmärkten ist regelmäßig gegeben, da nach der Definition der Aufsichtsbehörde insofern bereits sog. Kryptobörsen (oder Exchange Services) ausreichen. Utility Token sind regelmäßig auch keine Zahlungsinstrumente.
Verkörperung von Rechten
Entscheidend ist damit meist, ob der gegenständliche Token eine Verkörperung von Rechten ist, insbesondere von Rechten, die mit schuldrechtlichen Ansprüchen vergleichbar sind. Die Vielfalt der Utility-Token verbietet eine allgemeine Bewertung in dieser Hinsicht, wie die folgenden Beispiele veranschaulichen. Rein spekulative Investitionen bleiben außer Betracht.
Nehmen wir an, jemand richtet ein Blockchain-basiertes Spiel ein. Jeder zugehörige Token ("PET") ist eine Manifestation eines einzelnen Haustieres, das mit anderen Spielern gehandelt werden kann. Der Wert, der dem im Token enthaltenen Recht zugeschrieben wird, wird nicht durch den Zustand des Emittenten bestimmt, sondern allein durch die Nachfrage nach PETs auf dem Markt. In diesem Sinne ist dieser besondere Token nicht mit einer Gläubigerforderung vergleichbar. Der Emittent wird auch nicht benötigt wird, um das Spiel am Laufen zu halten, da die wesentliche Infrastruktur dezentral, d.h. unter den Spielern verteilt ist. Daher ist ein PET nach deutschem Recht kein Wertpapier.
Nehmen wir nun an, dass jemand einen bestimmten Satz von Aufgaben erledigen muss ("Prinzipal"), während jemand anderes bereit ist, die konkreten Aufgaben zu erledigen. Ein Dienstleister bietet diesen Parteien nun eine Plattform, um einen Vertrag abzuschließen und diesen Vertrag mit einem vom Dienstleister zu diesem Zweck ausgestellten Token ("WORK") auszuführen. WORK verkörpert im Wesentlichen das Recht auf Zugang und Nutzung der Plattform, sein Wert wird durch die Servicequalität der Plattform und die Vorteile, die sie gegenüber anderen Mitteln zur Durchführung des Vertrags (d.h. konkret der Abschluss eines Vertrages mit Vergütung in Euro, zu zahlen über Bankkonten) bietet, bestimmt. Daher wird der Wert von WORK von Faktoren in Bezug auf den Emittenten bestimmt und ist daher mit einer Gläubigerforderung vergleichbar. Somit ist WORK nach deutschem Recht ein Wertpapier.
Die obigen Beispiele sind stark vereinfacht, veranschaulichen aber, dass die Frage, ob ein Utility-Token ein Wertpapier ist, letztendlich von Fall zu Fall zu bewerten ist.
Die korrekte Beurteilung der Struktur eines Tokens ist von größter Bedeutung, da die Klassifizierung als Wertpapier zur Anwendbarkeit einer Vielzahl von kapitalmarkt-, bank- und geldwäscherechtlicher Regelungen führt.