WDVS-Wärmedämmung: Überbau an Grundstücksgrenzen
Wärmedämmmaßnahmen (z.B. durch Aufbau eines WDVS) können an einer Grundstücksgrenze dazu führen, dass die Abstandsflächen nicht mehr eingehalten werden können, oder gar die Grundstücksgrenze überbaut wird.
I. Handlungs- und Regelungsbedarf
Die nachbarschaftliche Beeinträchtigung durch Überbauten führt sowohl auf Seiten des Bauherren, als auch auf Seite des
beeinträchtigten Nachbarn zu akutem Handlungsbedarf. Nach § 7 NachbG Bln sind dem Eigentümer und dem in seinem Besitz berührten unmittelbaren Besitzer die Einzelheiten des geplanten Anbaus einen Monat vor Beginn der Bauausführung schriftlich anzuzeigen. Auf Seiten des Nachbars ist dieser zum Widerspruch binnen dieser Frist angehalten, denn ansonsten darf der Bauherr nach Fristablauf mit der Bauausführung beginnen.
II. Duldungspflicht Überbau
Nach § 912 Abs. 1 BGB, § 16a Abs. 1 NachbG Bln hat der Eigentümer eines Grundstücks die Überbauung seines Grundstücks
für Zwecke der Wärmedämmung zu dulden, wenn das zu dämmende Gebäude auf dem Nachbargrundstück bereits
besteht. Zwar wird unterschiedlich bewertet, ob § 16a NachbG Bln aufgrund seines Eingriffes in die Eigentumsgarantie (Art.
14 Grundgesetz) verfassungskonform ist. Der Bundesgerichtshof hat in einem vor wenigen Monaten entschiedenen Fall die Bedenken jedoch nicht aufgegriffen und vielmehr angedeutet, dass er von der Verfassungskonformität der Regelung ausgeht. Die Duldungspflicht des § 16 a NachbarG Bln sei zur Einhaltung der verfassungsrechtlichen Klimaschutzziele geeignet und erforderlich; der BGH sei daher von der Verfassungswidrigkeit nicht überzeugt (vgl. BGH, Urt. v. 1.7.2022 – V ZR 23/21).
III. Entschädigung des Nachbars
Zivilrechtlich steht dem beeinträchtigten Nachbarn ein Anspruch auf eine sog. Überbaurente gem. § 912 Abs. 2 BGB gegen den Bauherrn zu. Weiterhin besteht aber auch die Möglichkeit des Abkaufs des überbauten Grundstücksteils gem. § 915 Abs. 1 BGB, um den Nachbarn zu entschädigen.
IV. Nachbarschaftsvereinbarung
Um klare Verhältnisse zwischen Bauherrn und Nachbarn zu schaffen, empfiehlt sich der Abschluss einer möglichst allumfassenden Nachbarschaftsvereinbarung. Diese sollte möglichst vor Beginn der Bauausführung zwischen den Parteien geschlossen werden, um unnötige Rechtsstreitigkeiten zwischen den Nachbarn zu vermeiden.
V. Praxistipp
In Nachbarschaftsvereinbarungen können in dem Zuge auch sonstige schwelende Konflikte zwischen den Nachbarn ausgeräumt werden.
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